Krieg, heißt dann aber auch Krieg, Herr Putin

Von Gunther Fehlinger.

Krieg, heißt dann aber auch Krieg, Herr Putin

Kein Handel mit dem Feind!

Die Illusion, dass Putin Teile der Ukraine besetzt, und durch Mariupol, Kherson und Odessa im offenen Cabrio fährt, eine Art Jubeltour entlang des Schwarzen Meerew, und wir schauen alle einfach zu, weil wir ja nichts tun können, gegen Putin’s Panzer, das ist klare Illusion.

Die Illusion, wir gehen nach ein paar mehr Sanktionen zur Tagesordnung der letzten 8 Jahre über, weil uns das Schicksal von Mariupol genauso so egal ist wie Donezk und Lugansk, das ist schlicht Illusion.

2022 ist nicht 2014.

Die angesagte Großoffensive gegen die Ukraine, ein mit der EU assoziiertes Europäisches Land, nur weil die Ukraine der NATO und der EU beitreten will, das ist der Angriff auf den Westen, unsere Werte, unsere Institutionen, das ist der Angriff auf uns.

Klar, die Ukraine ist nicht in der NATO und EU, aber sie will zu uns.Dafür wird sie vernichtet. Das Verbrechen ist, Teil des Westens werden zu wollen.

Wenn wir das zulassen, wie ernst ist uns mit dem Westen? Wer wird dann noch beitreten?

Wie wird uns die Welt bewerten und wie die Geschichte beurteilen?

Und was sagen die Frontstaaten in der NATO und EU, Rumänien und Estland, Polen und die Slowakei, wenn wir die Ukraine einfach aufgeben?

Klar, die Ukraine ist kein NATO und EU Mitglied, also muss sie sich schon alleine militärisch verteidigen, aber wenn wir keine Waffen liefern, sind wir die Verbündeten Russlands.

Auf der Seite Russlands, des Aggressorstaats, des Feindes des Friedens. Das geht sicher nicht.

Selbstverständlich, müssen wir die im Kriegsfall unbegrenzten industriellen und finanziellen Ressourcen des Westens voll der Ukrainer zur Verfügung stellen. Alles andere ist Verrat an der Ukraine, dem Westen, Europa, der NATO und EU.

Putin kann ein Land gewinnen und ein Genozid im Stile Milosevics befehlen, aber am Ausgang der Auseinandersetzung kann kein Zweifel sein. Russland wird das nicht überstehen und zusammenbrechen, aber der Untergang Russlands birgt viele unwägbare Risiken.

Alles in allem ist dieses Szenario zu vermeiden, weil es das Ende Russlands bringt, viele Opfer in der Ukraine, wiederum Schlachtfeld Europas und große Kosten für den Westen.

Wie können wir das verhindern? Durch klare Worte vorher. Jetzt. Klartext. Sofort.

Krieg muss eben auch Krieg heißen, wir müssen das Wort auch aussprechen, und der Realität ins Auge schauen. Das ist Krieg. Wir sind dann mit Russland im Kriegszustand.

Das hat klare rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen.

Nein, nicht nur dass die Mitglieder in Russischen Aufsichtsräten, dann wählen müssen zwischen Auswandern nach Russland und Rückgabe der Staatsbürgerschaft des EU-Lands einerseits und dem Zurücklegen des Mandats.

Oder die Einstellung von Russia Today, die gegenseitige Ausweisung der Diplomaten. Wir haben solange Frieden in Europa, wir haben vergessen, was Krieg heißt. Seit dem 2. Weltkrieg sind nur wenige Kriege wirklich erkläret worden. Die meisten der vielen Kriege waren Konflikte, die graduell eskaliert sind, ohne klare Regeln oder Beginn.

Wir haben in der EU auch keine Erfahrung oder gesetzliche Basis. Aber das Prinzip ist klar.

Kein Handel mit dem Feind.

Ein großes Wort, leicht ausgesprochen, aber mit verherrenden Konsequenzen für den wirtschaftliche Schwächeren, Russland.

Moderne Kriege werden weniger durch den Mut mutiger Männer entschieden, sondern durch die industrielle Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaften, die abhängt vom Zugang zu den Weltmärkten. Die Blockade der deutschen Nordseehäfen durch die Royal Navy und die Blockade des Bosporus durch die Türkei waren entscheidend für die Niederlage Deutschlands und den Zusammenbruch Russlands 1917/8.

Neben der Blockade ist das Mittel der Beschlagnahme sehr wirkungsvoll.

Die USA hat 1917 das sehr umfangreiche Deutsche Eigentum in den USA beschlagnahmt.

https://www.govinfo.gov/content/pkg/USCODE-2011-title50/pdf/USCODE-2011-title50-app-tradingwi.pdf

Die Idee ist klar, kein Handel mit dem Feind.

In Großbritannien ist das Gesetz aus 1939 heute noch gültig, auch hier gilt, kein Handel mit dem Feind.

https://www.legislation.gov.uk/ukpga/Geo6/2-3/89/enacted

Hier geht es dann nicht mehr um die Genehmigung von Nordstream 2, sondern um die Einstellung jedwedes Handels, selbstverständlich inkludiert das jede Form von Energie und Rohstoffen, Erdöl, Gas, Uran, Kohle, Holz, Lebensmittel und sonst alles.

Handel ist Teil des Friedens, unter Freunden, oder zu mindestens Partnern.

Niemand handelt mit dem Feind.

Das ist Verrat, Schmuggel und wird dann strafrechtlich geahndet.

Wenn der Angriffskrieg kommt dann ist klar: Russland ist der Feind. Das heißt:

Ende des Reiseverkehrs, Ende des Flugverkehrs. Gesperrter Luftraum. Keine Russischen Schiffe in den Europäischen Häfen. Die Grenzen geschlossen. Keine Zugverbindungen. Blockade des Bosporus, Blockade des Skagerrak. Kein Zugang zu den Finanzmärkten. Ende der Akzeptanz des Rubels, damit der Kollaps des Rubel. Überwachung russischer Bürger in der EU.

Nach 2014 waren das alles sehr begrenzte Sanktionen, immer mit dem Ziel die Elite Russlands abzubringen vom unheilvollen Kurs Putins. Sollte nun der Krieg kommen muss nun sehr viel härter agiert werden.

Das alles ist sehr teuer. Niemand will das wirklich.

Und hier ist die gute Nachricht, es kann leicht verhindert werden.

Wir müssen nur vorher glaubwürdig machen, dass wir genau das machen werden und es Putin sagen und zwar glaubwürdig und klar. Genauso wie in der nuklearen Abschreckung, geht es auch in Wirtschaftsfragen um die Glaubwürdigkeit und der abschreckenden Wirkung der Drohung.

Niemand in der EU will so eine Eskalation. Doch Putin droht mit seinen Panzern. Da können wir nicht mithalten. Die EU als Markt ist jedoch viel wichtiger für Russland als Russland für uns.

Und den können wir sperren.

Wenn die Panzer rollen, ist Russland der Feind. Dann darf es eben keinen Handel mehr geben mit Russland.

Nur diese klare Ansage kann Russland vom Angriff abhalten.

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Über den Autor:

Gunther Fehlinger, Development Consultant.

Lebte von 2016 bis 2020 in Kyjiw. Nun wohnhaft in Wien.

https://twitter.com/GunterFehlinger