Gipfel der Entscheidung, ist der Westen bereit für seine Werte zu kämpfen?
24.März, Tag 30 im Krieg.
Am 24. März 1999 morgens begann die NATO-Intervention gegen Milosevics Völkermord und Volksvertreibung im Kosovo. Die Entscheidung unsere Werte auch militärisch durchzusetzen fiel dem Westen nicht leicht. Doch war sie richtig.
Es war ein gerechter Krieg. Völkermord muss militärisch gestoppt werden.
Milosevics Völkermord wurde gestoppt. Das Unrecht gestoppt.
Westliche Waffen setzten unsere Werte durch. Die Menschen des Kosovo wurden vor dem Völkermord und der Vertreibung gerettet. Die Flüchtlinge konnten zurückkehren. Der Kosovo wurde dann wieder aufgebaut und ist heute eine funktionierende multiethnische Demokratie, Republik und Marktwirtschaft am Weg in die NATO und EU.
Heute im Jahr 2022 stellt sich die gleiche Frage wiederum am 24. März beim NATO und EU-Gipfel mit dem Amerikanischen Präsidenten in Brüssel.
Wird der Westen kämpfen für die Ukraine? Leider ist das nicht sicher. Schon 30 Tage muss die Ukraine alleine kämpfen.
Wird der Westen die Ukrainer auch weiterhin im Stich lassen?
Leider dauert es immer sehr lange bis der Westen bereit ist militärisch einzugreifen. In Bosnien hat Präsident Clinton 3 Jahre zugeschaut. In Kosovo ein ganzes Jahr. Doch dann kam der Tag der Entscheidung zur Intervention. Nun 23 Jahre später stellt sich die Frage schneller. Die Verbrechen Putins in der Ukraine sind noch eine Dimension größer als alles was selbst Milosevic am Balkan an Verbrechen angerichtet hat.
Mariupol wird vor unseren Augen vernichtet wie Berlin 1945.
Die Stadt Mariupol wiedersagte sich Putin in 2014 und wird nun bestraft.
Leider ist der Westen von 1999 nicht der Westen von 2022.
Die Debatte um die Intervention im Irak und Libyen und die Nicht Intervention in Syrien und der lange Krieg in Afghanistan haben die Debatte über die notwendige humanitäre Intervention verzerrt und unseren Willen unsere Werte auch mit Waffen zu verteidigen geschwächt.
Der Aufstieg Putins seit 1999 und seine Drohung mit Atomkrieg und Weltkrieg bringen die Politiker des Westen zum Erstarren. Putin ist sicher, er kann in der Ukraine genauso brutal Krieg führen wie in Syrien.
Putin ist sich sicher, der Westen ist am Ende und nicht mehr bereit zu kämpfen.
Putin ist sich sicher, er kann die Ukraine in sein Reich zurück bomben und wir werden zuschauen.
Putin ist sich sicher, er kann die 4. große Flüchtlingskrise auslösen, durch seine Kriege in Syrien, Libyen und der Ukraine seit 2014 und nun die Mega Krise von 2022.
10 Millionen Europäer aus der Ukraine sind schon vertrieben und auf der Flucht in den Westen. Wer sich nicht Russland unterwirft muss sterben oder fliehen. Die Dimension und Brutalität der Verbrechen Putins in den letzten 30 Tagen ist unfassbar.
Doch auch der Widerstand der Ukrainer ist unfassbar und bewundernswert. Anders als die fast unbewaffneten Bosnier und Kosovaren haben die Ukrainer Waffen und wehren sich. Und zwar erfolgreich. Hier ist der Vergleich mit Kroatien treffend. Auch Kroatien hatte Armee, starken Willen und Amerikanische Waffen und setzte sich durch. Auch die Ukraine wird sich durchsetzen. Nur wird es ohne echte Hilfe noch sehr lange dauern und sehr blutig werden. Viele Opfer die nicht notwendig wären, würden wir eingreifen.
Die Intervention der NATO und EU auf der Seite der Ukraine wird das Gleichgewicht im Krieg zugunsten der Ukraine so massiv verändern, dass der Waffenstillstand viel schneller passieren wird als durch Abwarten und dem Auskämpfen lassen.
Der Waffenstillstand durch Erschöpfung, das Auskämpfen lassen der Ukraine und Russlands, ist die brutalste Form der Konfliktlösung. Das haben wir leider in Syrien gesehen mit einer halben Million Kriegstoten. Die Ressourcen Russlands sind noch lange nicht erschöpft, da Europa weiter Energie in Russland kauft. Die Ukraine wird von uns durch Waffen und Geld unterstützt. Dieser Wahnsinn kann noch Jahre so weiter gehen.
Nur durch die Intervention der NATO und EU auf der Seite der Ukraine und dem kompletten Handelsembargo und Energieboykott gegen Russland kann das Gleichgewicht des Kriegs so verschoben werden, das ein Waffenstillstand kommen wird.
Der lange und totale Krieg im Osten Europas kann nicht im Sinne Europas sein.
Der Krieg muss gestoppt werden. Nicht nur wegen der Werte des Westens, sondern auch um diesen alles verschlingenden Wahnsinn zu stoppen.
Um die Menschen dort zu retten. Und Europa und die Welt vor den Auswirkungen eines solchen dauerhaften Konflikts zu retten.
Und es geht auch um unsere Werte, Freiheit, Menschenrechte und Demokratie und den Kampf gegen Diktatur, Terror und Unterdrückung.
Daher muss die Intervention nun kommen.
Es wird durch die Intervention weder der 3. Weltkrieg noch der Atomkrieg kommen.
Es wird der 3. Weltkrieg verhindert, durch das Ende dieses Kriegs.
Der Krieg kann dadurch nicht weiter eskalieren.
Auch kann Russland die Ukraine nicht besiegen, wie soll Russland dann einen Weltkrieg gewinnen?
Der Atomkrieg wird noch nicht stattfinden, weil niemand Russland angreifen wird, sondern der Kampf in der Ukraine stattfindet. Dort hat Russland nichts verloren.
Der Krieg in der Ukraine ist nicht der ultimative Verteidigungsfall Russlands, der atomare gegenseitige Selbstzerstörung rechtfertigen würde. Es ist der Krieg Putins, für Imperiale Macht, niemand in der Russischen Elite will Russland untergehen sehen, was die unausweichliche Konsequenz von Atomkrieg ist.
Das lange andauernde Zuschauen und Zaudern ist viel gefährlicher und blutiger als die Interventionen des Westens, auf der Seite der Ukraine mit dem Ziel den Krieg zu beenden.
Die Intervention muss daher nun kommen am Gipfel der Entscheidung am 24.März.
Wir brauchen den gleichen Mut unsere Werte zu verteidigen wie vor 23 Jahren.
Sonst sind unsere Werte sinnlos und der Westen wertlos.
---
Über den Autor:
Gunther Fehlinger, Development Consultant.
Lebte von 2016 bis 2020 in Kyjiw. Nun wohnhaft in Wien.